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Auftragstaktik – mehr als nur ein Führungsprinzip

Abstract: 1888 wurde die „Auftragstaktik“ ursprünglich als „Auftragsverfahren“ in der Preußischen Infanterie implementiert. Mit der Einführung wurde das Ziel verfolgt, den damaligen technologischen Wandel und die damit verbundenen Erfahrungen aus den vorangegangenen Kriegen durch eine neue dynamischere Form der Führung beherrschbar und führbar zu machen. Aus der Operationalisierung der geschichtliche Entwicklung der Auftragstaktik lassen sich sechs Elemente ableiten, an denen man ihre tatsächliche Implementierung messen kann. Die Umsetzung des top-down gerichteten „Führen mit Auftrags“ entspricht den Logiken und Paradigmen des Industriezeitalters, für das KI- oder Kreativzeitalter müssen noch eigene Implementierungen gefunden werden, die (wieder?) mehr auch das Prinzip des Bottom- Up berücksichtigen.

Bottom-line-up-front: Wer führen will, braucht klare Begriffe, wer über Führung reden (oder schreiben) will, ganz besonders. Die Auftragstaktik ist aufgrund ihrer Fokussierung auf das menschliche Kreativpotential eine zeitlose Führungsphilosophie, sie muss aber auch in ihren zeitlichen und kontextuellen Implementierungsformen verstanden werden, um sich den Herausforderungen der Zeit anzupassen.

Problemdarstellung: Wie verändern sich die Anforderungen an militärische Führungskräfte unter den Herausforderungen ständig zunehmender Komplexität, neuer Mensch-Maschine Schnittstellen am Beispiel Umgang mit Methoden der Künstlichen Intelligenz sowie militärisches Handeln in der Grauzone zwischen Frieden und Krieg, also im hybriden Umfeld? Hierzu ist bei Defense Horizon zu einem späteren Zeitpunkt auch noch eine Veröffentlichung geplant.

Was nun?: Mit der Einführung und Nutzung von Methoden der künstlichen Intelligenz, u.a. dem Deep Learning, wird erstmalig Technologie im bislang dem Menschen vorbehaltenen Bereich der Kreativität eingesetzt. Um diese Technologien effektiv und sinnvoll einsetzen zu können, bedarf es einer „humanen“ Führung, die es in nächster Zeit zu definieren gilt. Hierzu kann die Auftragstaktik einen Beitrag leisten, wenn sie richtig verstanden wird.

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Jeder Auftragstaktiker führt mit Auftrag, aber nicht jeder Führer mit Auftrag ist ein Auftragstaktiker

Neue Technologien verändern sowohl die Art wie agiert wird als auch den Charakter einer Gesellschaft an und für sich, da sie sich gleichermaßen auf die handelnden Akteure als auch die damit verbundenen Prozesse auswirken. Im Zivilen und der Wirtschaft werden derzeit Strukturen flacher, um effizienter, aber auch um agiler und adaptiver zu sein. Hierzu bedarf es einer Führungsphilosophie, die den Menschen mit seinen Fähigkeiten, aber auch seinen Fehlern in den Mittelpunkt stellt. In diesem Kontext wird die in Preußen entwickelte Auftragstaktik regelmäßig genannt, ohne das in den meisten Fällen klar ist, was diese eigentlich bedeutet.

Eine besondere Relevanz und Aktualität ergibt sich für das Militär aus dem erwartbaren Gefechtsfeld des 21. Jahrhunderts. Im Bereich militärischer Operationen sind zukünftig gleichermaßen asymmetrische wie symmetrische Herausforderungen und deren Verknüpfungen zu komplexen Problemen absehbar, die die die Art und den Charakter des Krieges gleichermaßen verändern. Es gibt kein „entweder – oder“ mehr, unterkomplexe Ansätze im Bereich von Multi Domain Operations oder bei Greyzone Operations führen direkt zu Verlusten. Der Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) wird in Zukunft erfordern, dass einem Algorithmus das WIE der Ausführung überlassen wird, was nicht „unkontrolliert“ geschehen darf, sondern „geführt“ werden muss. Dieser Aufsatz leistet hierzu einen Beitrag.

Der Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) wird in Zukunft erfordern, dass einem Algorithmus das WIE der Ausführung überlassen wird, was nicht „unkontrolliert“ geschehen darf, sondern „geführt“ werden muss.

Eine zeitgemäße Implementierung der Auftragstaktik muss damit entlang der sie bestimmenden Elementen mit den gesellschaftlichen Entwicklungen und Möglichkeiten durchdacht werden, die im Folgenden vorgestellt werden sollen:

Auftragstaktik ist wohl derjenige Begriff der deutschen Militärsprache[2], um den sich die meisten Mythen ranken. Einig ist man sich aber darin, dass sie „irgendwie“ wirkt. Anhand Stefan Leistenschneiders Buch „Auftragstaktik im preußisch-deutschen Heer 1872 bis 1914“[3] sollen die grundlegenden Prinzipien der Auftragstaktik[4] vorgestellt werden. Die Geschichte der Auftragstaktik beginnt dabei schon mit einer Begriffsverwirrung: Ursprünglich wurde sie 1888 „namenlos“ im Preußischen Infanterie Exerzier-Reglement[5] als Führungsverfahren implementiert, dass die Selbständigkeit der unterstellten Führer betonte. Dies war das Ergebnis eines über 70-jährigen Prozesses, der 1806/1807 mit dem Verlust der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt und der damit verbundenen Einsetzung der Militär-Reorganisationskommission begonnen hatte. Der Begriff „Auftragstaktik“ wurde erst von einem Kritiker des „Auftragsverfahren“, Generalleutnant a.D. Albert von Boguslawski, geprägt[6], der in einem Aufsatz unter anderem fürchtete, dass die (damals gerade neu eingeführte) Brigadeführung durch diese neue Art der Führung weniger Freiheit des Handels als die ihr unterstellten Führer haben könnte.

In der Folge wurden die Protagonisten der neuen Konzeption als Auftragstaktiker und die Antagonisten als Normaltaktiker bezeichnet. Der bis heute in vielen Bereichen bevorzugte Begriff des „Führen mit Auftrag“ anstelle der „Auftragstaktik“ ist ein Ergebnis dieser Diskussion, in der Bundeswehr lässt sich dieser Diskurs immer noch beobachten, fast zyklisch wird „Auftragstaktik“ bei der Neuformulierung von Vorschriften mal mit „Führen mit Auftrag“ gleichgesetzt, mal wird „Auftragstaktik“ durch „Führen mit Auftrag“ ersetzt und mal steht „Auftragstaktik“ für sich allein.[7]

Vergleicht man „Führen mit Auftrag“ und „Auftragstaktik“, so lässt sich konstatieren, dass es nicht dasselbe meint: „Führen mit Auftrag“ ist eine „leader-centrictop-down Implementierung der „Auftragstaktik“, die die „Führungskraft“ in das Zentrum stellt, die eine zentralere Führung bei dezentraler Ausführung befürwortet, während „Auftragstaktik“ darüber hinaus auch eine bottom-up Komponente beinhaltet, die dem Geführten ein planbares Umfeld mit Freiheit der Form und Selbsttätigkeit des Handels bietet, in dem er – stets der Absicht der übergeordneten Führung folgend – autonom handeln und sich bewegen kann. Dies entspricht im Übrigen auch dem Leit- und Menschenbild der Inneren Führung der Bundeswehr[8].

Sechs Ordnungselemente der Auftragstaktik

Leistenschneider entwickelt aus der historischen Entwicklung der Auftragstaktik sechs die Auftragstaktik charakterisierende Elemente[9]:

  • Führen des Gefechts nach Kommandoeinheiten;
  • Freiheit der Form statt Normangriff;
  • Selbsttätigkeit als taktisches Prinzip;
  • Befehlsgebung;
  • Ausbildung der Führer; und
  • Aspekte der Menschenführung; Aktive Disziplin und gegenseitiges Vertrauen.

Diese Elemente können dabei nicht unabhängig voneinander betrachtet werden[10], sie bedingen sich gegenseitig. Beispielsweise sind „Aktive Disziplin und gegenseitiges Vertrauen“ Voraussetzung für selbsttätiges Handeln, welches wiederum eine eigens dafür entwickelte Befehlsgebung benötigt. Die Ausbildung muss Bildung, Erziehung und handwerkliches Können vermitteln, um das Führen abgesetzter Kommandoeinheiten, eine auftragstaktische Befehlsgebung und das gegenseitige Vertrauen gleichermaßen zu ermöglichen.

Führen des Gefechts nach Kommandoeinheiten

Bereits 1873[11] wurde mit einer „allerhöchsten Ordre“ erstmalig der Kompanieebene eine eigenständige Gefechtsführung zugewiesen, die bis dahin bei der Bataillonsführung angesiedelt war. Bis 1873 sollten die preußischen Truppen vorschriftenmäßig regimentsweise im sogenannten „Treffengefecht“ auf dem Gefechtsfeld kämpfen, wobei die Bataillone aus Feindrichtung hintereinander standen und sich vertikal in Kompanien aufteilten. Die Bataillonskommandeure führten ihre Bataillone per Signal und Stimme und die Kompanieführer waren angehalten, die Bewegungen ihrer Kompanie stets seitwärts mit ihren Nachbarn zu synchronisieren. Dem Vorteil einer klaren Linie, und damit zusammenfassbaren massiven Infanteriefeuers, stand aber nachteilig gegenüber, dass ein Infanteriebataillon beim Aufmarsch weder auf die tatsächlichen Geländegegebenheiten noch in der Folge flexibel auf den dynamischen Verlauf des Gefechts reagieren konnte, da es zum Erhalt des „vermeintlichen“ Gefechtsvorteils zuallererst die Linie halten musste. Um nun das Gefecht nach Kommandoeinheiten zu ermöglichen, wurde den Bataillonen ein eigener Gefechtsstreifen zugewiesen, in dem sie ihre Kompanien lagekonform einsetzen konnten. Die Führung des Gefechts nach Kommandoeinheiten bedeutete damit im Vergleich zum bisherigen „Treffengefecht“ eine 90° Drehung der Bataillonsaufstellung. Dies führte auch dazu, dass die nun gestaffelt hintereinanderstehenden Kompanien nicht mehr wie bisher durch den Bataillonskommandeur direkt per Stimme[12] oder Signal direkt geführt werden konnten. Als Konsequenz musste der Kommandeur seine Absicht der Gefechtsdurchführung vor dem Gefecht formulieren und die Ausführung seiner Absicht seinen Kompaniechefs überlassen.[13]

Freiheit der Form statt Normalangriff

Mit Normalangriff wurde bis zur Einführung des Exerzier-Reglements von 1888 eine fest vorgegebene Gefechtslehre verstanden, die auf dem Exerzierplatz eingeübt wurde und dann im Gefecht wie ein Rollenbuch abgespult werden sollte. Dies entsprach aber bereits seit dem Krieg von 1870/71 nicht mehr den Erfahrungen im realen Gefecht, da schon damals die neuen Artilleriegeschütze und die höhere Reichweite der Infanteriegewehre zu neuen dynamischeren Gefechtsformen geführt hatten. Als Erkenntnis hieraus wurde im 1888 Reglement gefordert, dass den Führer und Unterführer zwar durch das Reglement prinzipiell Formen und Grundsätze zu vermitteln, diese aber stets unter dem Einfluss des tatsächlichen Gefechts flexibel anzupassen seien[14]. Die Lösung entstehender Gefechtsaufgaben wurde explizit an die Entschlussfassung des einzelnen Führers vor Ort und in der Situation delegiert.[15]

Selbsttätigkeit als taktisches Prinzip

Das Prinzip der Selbsttätigkeit als taktisches Prinzip beschreibt die Delegation der Durchführungsverantwortung gegebenenfalls bis auf den einzelnen Soldaten, wobei hier in der preußischen Armee vermutlich zum damaligen Zeitpunkt erstmal nur die Offiziere gemeint waren. Unteroffiziere werden als selbsttätig handelnde (Unter-)Führer erst 1915 institutionalisiert[16]. Die Notwendigkeit der Selbsttätigkeit ergab sich zum einen aus der beschriebenen Handlungsautonomie aufgrund einer möglichen Nichterreichbarkeit von unterstellten, aber auch übergeordneten Führern nach Beginn des Gefechts, zum anderen aber auch aus konkreten Kriegserfahrungen: Denn neben einem falschen Entschluss hatte auch das Unterlassen oder Versäumen von Handlungen den Ausgang von Gefechten bis zu deren Verlust beeinflusst. Damit sollte verhindert werden, dass das Gebot des Handelns oder die Initiative verloren ging, wie es ansonsten u.a. bei Untätigkeit geschehen konnte. Selbsttätigkeit ist dabei aber sorgfältig von Eigenmächtigkeit zu unterscheiden, da das gesamte Handeln grundsätzlich auf die Absicht der übergeordneten Führung auszurichten ist. Aber auch diese Absicht galt in der Vorschrift nicht als apodiktisch gesetzt, sollte sich die Lage im Gefecht so maßgeblich ändern, dass die ursprünglich durch den Vorgesetzten formulierte Absicht nicht mehr erreichbar war, dann waren die Führer und Soldaten vor Ort angehalten, die tatsächlich vorgefundene Lage zum Vorteil des Ganzen durch eigene Entschlüsse umzusetzen.[17]

Denn neben einem falschen Entschluss hatte auch das Unterlassen oder Versäumen von Handlungen den Ausgang von Gefechten bis zu deren Verlust beeinflusst.

Befehlsgebung

„Als Regel ist festzuhalten, dass die Disposition alles das, aber auch nur das enthalten muss, was der Untergebene zur Erreichung eines bestimmten Zweckes nicht selbständig bestimmen kann.“

Moltke der Ältere

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Die Selbsttätigkeit des Handels ist eng mit einer damals neue eingeführten Befehlsgebung verbunden, die in ihrer Gliederung und Form noch heute gültig ist. Sie umfasst die Lage (Feind und eigene Lage, soweit sie bekannt sind), den Auftrag (als Zielsetzung), die Durchführung, die als ersten Unterpunkt die Formulierung der eigenen Absicht sowie in der Folge dann die einzelne Aufträge an die unterstellten Einheiten des Befehlsgebenden enthält, sowie Einsatzunterstützung, Führung und Fernmeldewesen. Die Art der Ausführung bleibt dem Unterführer im Sinne der Selbsttätigkeit selbst überlassen.[18] Ihr methodischer Aufbau vom „Großen“ zum „Kleinen“ ermöglicht dem Befehlsgeber eine stringente Herleitung seiner Absicht, und dem Befehlsempfänger bei Lageänderungen das notwendige Verständnis, um selbsttätig im Sinne der übergeordneten Führung weiter agieren zu können.

Die Ausbildung der Führer

Um die zuvor geforderten Prinzipien umzusetzen, bedarf es einer Ausbildung im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe. Hierzu sind die Führer und Unterführer bereits im Frieden zunächst mit den Grundzügen der Gefechtsführung vertraut zu machen, danach aber mit ständig wechselnden Lagen zu konfrontieren, um deren Entschlussfähigkeit, -wille und -kraft im Sinne der Anpassung an sich ständig wechselnde Situationen und damit selbsttätiges Handeln und den Mut zur Verantwortung zu schulen. Dies erfordert neben der reinen taktischen Ausbildung auch Erziehung und Bildung. Hierbei wurden folgende drei Ausbildungsziele formuliert: „1. die Fähigkeit des Führers, jede Lage schnell und richtig zu beurteilen, 2. die Fähigkeit, aufgrund des gewonnenen Urteils schnell und ohne zu schwanken den richtigen Entschluss zu fassen und 3. die Fähigkeit den so entstandenen Führer[ungs]willen durch Befehl[gebung] zur Ausführung zu bringen.“[19], [20].

Aspekte der Menschenführung: Aktive Disziplin und gegenseitiges Vertrauen

Unter aktiver Disziplin wird die Balance zwischen Selbsttätigkeit und Gehorsam verstanden, also die Nutzung der gewährten Freiheiten zum Wohle des übergeordneten Zieles, dem Auftrag. Es umfasst auch die Fähigkeit, kritisch zu denken, sich eine eigene Meinung zu bilden und diese zu vertreten. Und ganz wesentlich, beim Ausfall des Führers den Auftrag in dessen Sinne fortzusetzen. Dies erfordert besonderes Vertrauen sowohl von oben nach unten, der Vorgesetzte muss seinem Untergebenen einen Vertrauensvorschuss geben, dass er die ihm übertragenen Aufträge auch tatsächlich in seinem Sinne umsetzen kann und ihn entsprechend dazu ausbilden. Im Gegenzug muss aber auch ein Vertrauensverhältnis von unten nach oben bestehen. Der Untergebene muss das Vertrauen in seinen Vorgesetzten haben, dass zum einen dessen Befehle und Aufträge auch tatsächlich umsetzbar sind, und dass sich der Vorgesetzte für seine Untergebenen einsetzt und sich im Bedarfsfall auch vor ihn stellt, wenn etwas schief geht. Es gilt ein Vertrauensverhältnis auf Gegenseitigkeit zu aufzubauen, dass ein tatsächliches Zusammengehörigkeitsgefühl erzeugt.[21]

Der Untergebene muss das Vertrauen in seinen Vorgesetzten haben, dass zum einen dessen Befehle und Aufträge auch tatsächlich umsetzbar sind, und dass sich der Vorgesetzte für seine Untergebenen einsetzt und sich im Bedarfsfall auch vor ihn stellt, wenn etwas schief geht.

Warum heute mehr Auftragstaktik statt nur „Führen mit Auftrag“?

Im Zeitalter hybrider Bedrohungen und hochkomplexer Szenarien muss das Führen nach Kommandoeinheiten zu einer hochmobilen flexiblen Kampfführung in alle Richtungen in der Tiefe des Raumes und der Zeit erweitert werden. Die Selbsttätigkeit muss neu, wahrscheinlich noch stärker betont, gefordert werden, da in Multi Domain Operations auch ständig Auswirkungen aus den jeweils anderen Domänen, also für Land aus Air, Maritime, Space und Cyber sowie der Einsatz neuer Technologien, wie Mini UAV, künstliche Intelligenz und Autonome Waffensysteme zu berücksichtigen sind. Diese machen aus einem 2-dimensionalen Gefechtsfeld zukünftig (eigentlich schon heute, siehe Ukraine) einen drei bis fünf-dimensionalen komplexen Raum, dem nicht mehr einfach nur durch doktrinäre Vereinfachung begegnet werden kann. Hier müssen systemisches Denken und Ambiguität in der Führer- und allgemeinen Ausbildung eingeführt werden. Ganz wesentlich wird dabei auch die Frage nach gesellschaftlicher Resilienz werden, wenn sich Gefechtsfelder nach Raum und Zeit entgrenzen, denn die Frage, wann ein Konflikt tatsächlich die bisherige Schwelle einer bewaffneten Auseinandersetzung erreicht, kann schon heute nicht mehr mit der bisher gewünschten Schärfe beantwortet werden.

Um es wissenschaftlich auszudrücken[22], die Zeit der auf statischen und optimierten Prozessen basierenden Industrial Economy mit einer Fokussierung auf die Führungspersönlichkeit ist vorbei, in der Creative Economy mit ihren dynamischen on-the-fly entstehenden Kreativ-Prozessen, sowie System- und Design Thinking muss eine Führungsphilosophie altrocentric sein, also gleichermaßen Top-Down wie Bottom-up berücksichtigen, und das kann die Auftragstaktik in einer entsprechenden Implementierung liefern, die dann aber auch Aussagen enthalten muss, wie mit Methoden Künstlicher Intelligenz in Führungsvorgängen und -prozessen umzugehen ist:

Absehbar notwendige Integration Methoden Künstlicher Intelligenz in Führungsprozessen[23]


Sönke Marahrens, Oberst i.G., Dipl. Inform (univ), MPA, Bereichsleiter Strategie und Streitkräfte, GIDS in Hamburg. Forschungsinteressen: Strategie und Streitkräfte, Cyber, KI, Krieg im 21. Jahrhundert, Wargaming, Das Preußisches Kriegsspiel; Der Verfasser hat als Co-Lead im Rahmen der Multinational Capability Development Campagain 2019/2020 ein Projekt zum Thema Future Leadership[1] geleitet. Bei den in diesem Artikel vertretenen Ansichten handelt es sich allein um die des Autors. Diese müssen nicht mit jenen des GIDS und der deutschen Bundeswehr übereinstimmen.


[1] MCDC, 2020, https://www.gov.uk/government/publications/future-leadership-2020.

[2] Und ist auch nicht einfach zu übersetzen – Mission Command, Directive Command etc.

[3] Stephan Leistenscheider, Auftragstaktik im preußisch-deutschen Heer 1872 bis 1914 (Hamburg, Berlin, Bonn: Mittler, 2002).

[4] Dieses Buch wurde gewählt, da es im Gegensatz zur sonstigen Literatur zur Auftragstaktik z.B.Christian Millotat, Das preussisch-deutsche Generalstabssystem: Wurzeln, Entwicklung, Fortwirken (Zürich: Hochschulverlag der ETH Zürich, 2000), diese tatsächlich operationalisiert und nicht nur deren Wirksamkeit über (möglichst gewonnene) Gefechtsbeispiele demonstriert. Christian T. Müller, H-Soz-Kult – Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften (Rezension zu: Leistenschneider, Stephan: Auftragstaktik im preußisch-deutschen Heer 1871 bis 1914. Hamburg 2002), www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-2225.

[5] Historisches Seminar Universität Hannover, 2017.

[6] Es wurden auch Begriffe wie „Auftragsverfahren“ oder „Auftragskampf“ geprägt,Leistenscheider, Auftragstaktik, 101.

[7] Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages steht in der Vorschrift für die Innere Führung „Auftragstaktik“ und in den begriffsbildenden Vorschriften „Führen mit Auftrag“.

[8] „Führung,“ Z. I. (28. 04 2017). Bundeswehr.de. Von http://www.kommando.streitkraeftebasis.de/resource/resource/UlRvcjZYSW1RcEVHaUd4cklzQU4yNWFvejhLbjVyYnR1OCt3ZlU1N09FV3UxVUl1bi9WbnVZWk1INEVJQ1p2MzFrQlhxTW9wUlpaeTk2M1VvaXZZeGJRZ2pBZzRXSEFKbDd2d1pOWnJQdlU9/Zentrale%20Dienstvorschrift%20Innere%20F%C3%BChrun.

[9] Leistenscheider, Auftragstaktik, 72 – 98.

[10] Leistenscheider, Auftragstaktik, 86.

[11] Joachim Hoffmann, Wandlungen im Kriegsbild der preußischen Armee zur Zeit der nationalen Einigungskriege in in Militärgeschichtliche Mitteilungen 1968, S. 5-33

[12] Leistenscheider, Auftragstaktik, 92.

[13] Leistenscheider, Auftragstaktik, 72-76.

[14] Deswegen gab es in den deutschen Armeen auch nur ein Einsatzgrundsätze, aber keine Einsatzdoktrinen.

[15] Leistenscheider, Auftragstaktik, 79- 85.

[16] Björn Müller, „Des Kaisers „Special Forces,“ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.03.2017, http://www.faz.net/aktuell/politik/der-erste-weltkrieg/sturmtruppen-des-kaisers-special-forces-14945468.html.

[17] Leistenscheider, Auftragstaktik, 76- 79.

[18] Leistenscheider, Auftragstaktik, 85- 92.

[19] Leistenscheider, Auftragstaktik, 93.

[20] Leistenscheider, Auftragstaktik, 92 – 95.

[21] Leistenscheider, Auftragstaktik, 95 – 98.

[22] Maria Jakubik und Ivan Berazhny, Rethinking Leadership and Its Practices in the Digital Era. Managing the Global Economy. Proceedings of the Management International Conference, (Treviso: Suzana Laporšek; Sedmak Suzana and Doris Gomezelj Omerzel (eds.)): 471–483, abgerufen am 03. 03. 2021 von https://www.theseus.fi/bitstream/handle/10024/154318/JakubikMBerazhnyIRethinkingleadershipand.pdf?isAllowed=y&sequence=1.

[23] Idem.

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